Das Steinfeld
Legimi
Als die Kinder die Steine verrücken, ahnen sie nicht die Konsequenzen. Unwissentlich haben sie die geheimnisvolle Kraft des Steinfelds erweckt. Karlheinz fürchtet sich, denselben Fehler zu begehen wie damals. Als Onulf der Hohepriester das kleine Dorf Argenau um Fingersbreite vor einer Katastrophe bewahrte. Linien brechen auf, Zeiten verschwimmen. Erinnert er sich rechtzeitig, wie sie einst den Dämon bezwungen?IM INNEREN KREISErneutes FLACKERN, dieses Mal so durchdringend, dass es die dünne Haut der Realität nicht nur ablöste, sondern in Fetzen riss. Rainer schrie, als er zum ersten Mal Onulfs Stimme hörte. Und das schlimmste war, dass sie in ihrer Färbung und Lautstärke Karlheinz so ähnlich war. Warum auch nicht? In diesem Moment hätte man beide austauschen können, so dicht waren die sublimen Unterschiede unter die Erde gerutscht. Die Bahnhofskneipe war verschwunden. In einer langen Reihe roher Fichtendielen standen metallene Becher, angelaufen vom Dunst der Tavernen. Unter ihnen ein Boden aus gestampfter Erde, gut geölt. Wenn Rainer den Kopf schräg hielt, konnte er die Luft wabern sehen. Den Fliesenboden. Den Stammtischaschenbecher. Die auf den Kopf gestellte Flasche Asbach, in ihrem Spender. Onulf hatte es auf einen Showdown angelegt, wie Karlheinz ihn vielleicht aus den Westernfilmen kannte, die Sonntagmorgen immer im Fernsehen liefen. Lieh seinen früheren ich seine Erfahrungen, sein Wissen. Ihre beiden Körper verschmolzen an der Stelle, wo es ihre Seele bereits war. Rugan stand so sicher auf den Beinen, wie Rafael es nie vermocht hätte. "Wie hast du mich genannt?" "Bei dem Namen, den dein Vater dir gegeben hat. Und nun verschwende nicht unsere Zeit! Wenn ich die Zeichen gesehen habe, dann auch du. Oder zählst du dich neuerdings den Blinden zu?" Flackern, und die Welt kam mit einem atemberaubenden Flügelschlag wieder zurück. Rafael musterte ihn sehr, sehr lange. "Ihr steckt tiefer in der Scheiße, als ihr ahnt." "Dann hast du die Lichter am Himmel gesehen?" "Bei meiner Seel, das habe ich. Verzeih mir, wenn ich dich in der Hülle des Kindes gesehen habe." "Dieses eine Mal sei es dir gewährt. Doch vergiss niemals, wer du einmal warst. Ein Priester des Steinkreises. Du trägst nicht weniger Verantwortung als ich." "Ich versuche dir zu dienen, so gut ich kann." Rainer, der mit offenem Mund dastand, erkannte seinen Freund nicht wieder. Wenn je ein Zweifel bestanden hatte, war dieser ausgeräumt. Karlheinz konnte all dies weder erträumen noch wissen. "Dann verrate mir, wie wir damals den Kreis geschlossen haben."
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