Anna C.
Legimi
Bewaffnete Geheimdienste sind Machtmittel von gestern, James Bond ist ein Held des vorigen Jahrhunderts. Aktuell lassen sich ganz neue Wege eingeschlagen, um geheimdienstliche Ziele zu erreichen. Die These von Professor Wen Xiao dazu lautet, dass man zur Ausführung eines beliebigen Verbrechens stets einen normalen, nicht kriminellen, unvorbelasteten Menschen motivieren kann. Um keine Spuren zu hinterlassen, am besten jemanden, der vorher nichts, aber auch gar nichts mit den Umständen der Aktion zu tun hatte und die eigentlichen Zusammenhänge nicht durchschaut. Das lässt Tom Kenwood, Exekutivdirektor des britischen Geheimdienstes MI6, auf einer Konferenz gleichrangigen Kollegen anderer Geheimdienste vortragen. Er ist begeistert von der Theorie, wird das Konzept auf eigene Faust erproben, auch wenn seine Vorgesetzten vor politischen Verwicklungen warnen und ihn nicht decken. Ein brisantes internationales Projekt hat er für den Test ausgewählt und beauftragt Frank Frey, einen angesehenen freien Mitarbeiter, intelligent, reich und unabhängig, mit der Testdurchführung. Sein ‚Medium’ dafür hat Frank Frey durch Zufall bereits an der Hand. Bei Mondschein am Strand hat er Anna C. kennengelernt, genauer gesagt, hat sie seine Bekanntschaft provoziert. Anna C. ist aufgeschlossen für abenteuerliche Unternehmungen, nachdem sie gerade bürgerliche Engagements aufgekündigt hat, nämlich ihren Job als TV-Moderatorin und ihre Verlobung. Aus angesehener Anwaltsfamilie, behütet aufgewachsen, reich, schön und charmant lässt sie sich, manipuliert durch Frank Frey, auf zweifelhafte und gefährliche Aktivitäten ein. Scharfsinniges Planen und konsequentes Handeln bei der Ausführung krimineller Taten scheinen ihr angeborene Fähigkeiten zu sein, die sie mit den steigenden Herausforderungen weiterentwickelt. Ihre ersten ‚Erfolge’ verbucht Anna C. in ihrer Geburtsstadt Hamburg. In diesem Zusammenhang entsteht ihr Kontakt zu einer Organisation für Verbrechen auf Bestellung in Nizza. Dorthin als Gast eingeladen, erfährt sie durch Ben, den Leiter des ‚Club el Sur’, wie legal und demokratisch gelenktes Handeln in unserer Welt mit Gewalt und ohne Skrupel beliebig und nachhaltig beeinflusst wird. Die Mitwirkung im „Club“ erscheint ihr als ein erstrebenswertes Ziel. Zunächst muss sie jedoch ihr vermeintlich ‚eigenes Projekt’, der Aufbau eines Handelsmonopols mit hochwertigen Edelsteinen, zum Erfolg führen. Gut getarnt und sehr erfolgreich steuert sie es von London aus. Es führt sie nach Brasilien zu Minen und Edelsteinhändlern, und fordert von ihr die gewaltsame Auseinandersetzung mit Gegnern, über die sie vorher nicht informiert wurde. In Brasilien lernt sie ihre große Liebe kennen, doch die Beziehung kann sie nicht davon abhalten, dem plötzlichen Ruf von Ben zu folgen und aktiv in die Organisation in Nizza einzutreten. Ihre Bewährungsprobe ist der ausgeklügelte, eigenhändige Mord an dem einflussreichen Engländer Lord Christopher Sheldon – wie sich später herausstellt, ebenfalls ein Auftrag des MI6. Vergeblich versucht Scottland Yard, sie zu überführen. Auch wenn Anna C. glaubt, stets ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, wird sie im Sinne der Vorgaben des MI6 von Frank Frey manipuliert. Nach und nach entgleitet sie jedoch seiner Hand, ihr Ehrgeiz sowie ihre kriminellen Instinkte und Fähigkeiten werden mehr und mehr geweckt. Wo aber arbeitet sie, im sogenannten organisierten Verbrechen oder in etablierten Kreisen politischer und wirtschaftlicher Macht? Die Machtmittel sind dieselben, die Grenzen verschwimmen. Wie tickt unsere Welt wirklich? Ihr brasilianischer Verlobter wird Opfer ihrer eigenen verbrecherischen Organisation. Als sie die Zusammenhänge entdeckt, schwört sie Rache. Gelegenheit dazu bekommt sie schon bald durch besondere Umstände. Ihre Entwicklung zu einer skrupellos agierenden Frau mit hohem Machtanspruch wird damit abgeschlossen. Der von ihr ermordete Lord Christopher Sheldon hat sie testamentarisch zur Kuratorin seiner Milliarden schweren Stiftung bestimmt. Aus dieser gesellschaftlich anerkannten Position zettelt sie eine Intrige an und übernimmt, nach ihrer eigenhändigen, öffentlichen Hinrichtung von Ben, die Führung des ‚Club el Sur’ in Nizza. Die sieben internationalen, anonymen Gründungsmitglieder des Clubs macht sie durch einen raffinierten Coup zum Stiftungsrat. Als Kuratorin in London ist sie nun einerseits öffentlich angesehene Herrscherin über eines der nach Forbes-Liste 100 größten Vermögen der Welt, andererseits lenkt sie die mächtige Organisation des organisierten Verbrechens in Nizza. Alle Türen stehen ihr offen, keine Art der nachhaltigen Einflussnahme ist ausgeschlossen.
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