Kinderärztin Dr. Martens 82 – Arztroman

Kinderärztin Dr. Martens 82 – Arztroman

Legimi

Als ihr Mann Rüdiger sie verlässt, bricht für Roxanne eine Welt zusammen. In ihrem Schmerz ist sie nahezu handlungsunfähig und vernachlässigt sich und ihre 8-jährige Tochter Jennifer. Da holt ihr Vater, Alfred Konrads, sie zu sich nach Hause und versucht, sie wieder aufzubauen. Jennifer vermisst ihren Vater und leidet sehr unter den neuen Verhältnissen, die sie sich nicht erklären kann... "Ischa merkwürdig, daß man in letzter Zeit überhaupt nichts mehr von den Kindern hört, nicht?" Albert Kührmann, ein stattlicher Mann in den Sechzigern, mit vollem weißem Haar, vor Gesundheit und Kraft nur so strotzend, vor Eigenliebe aber auch, raschelte vernehmlich mit der Abendzeitung, die er vorgab zu lesen. Natürlich hatte er noch keinen der angeblich so hochinteressanten Artikel des Heidekuriers gelesen, wie Alice Kührmann, die nicht minder ansehnliche Gutsfrau, sehr wohl wußte. Sie hatte das an der Art und Weise erkennen können, wie ihr Mann mit der Zeitung raschelte. Nach fast vier­zigjähriger Ehe hatte man für so etwas ein Ohr. Alice Kührmann war zu ihrer Zeit eine ausgesprochen schmucke Deern gewesen, so 'ne richtige nordisch-herbspröde Schönheit mit hellblonden Haaren, blitzenden Blauaugen, einer birkenschlanken Figur und einer kernfesten Natur, die nichts so leicht umwarf. Viele handfeste Burschen aus der Umgebung hatten ein begehrliches Auge und manchmal auch mehr auf Fritz Schuster seine Einzige geworfen, wie das hierzulande so hieß. Doch die frische Alice mit den niedlichen Wangengrübchen und dem vollen roten Mund hatte sich für ihren Jugendfreund Albert Kührmann von Joachimsthal entschieden und in ihrer direkten Art darauf bestanden, ihn zu heiraten. Den oder keinen anderen, Vadder, hatte sie zu ihrem Vater gesagt und dazu einmal nachdrücklich genickt. Und Fritz Schuster, dem damals noch ein hübsches Stück Land nördlich von Celle gehörte, worauf jetzt allerdings ein ziemlich häßlicher Beton­klotz von Supermarkt stand, hatte genau gewußt, daß da nichts mehr zu machen war, wenn seine seute Alice so nachdrücklich nickte. Sie hat ja schon immer gewußt, was sie wollte, und ihren Willen auch noch immer durchgesetzt. Hatte sich die blonde Alice etwas vorgenommen, so war damit zu rechnen, daß sie ihr Vorhaben stur und eigensinnig realisierte, sich von nichts und niemand davon abbringen ließ. Vadder Schuster hatte also nur recht schwache Einwände erhoben. Wie, hatte er ausgerufen, den Albert Kührmann willst du heiraten, de Herr von Hebbe- und Hiffnix, so'n Pottschraper, und wo du doch ganz andere Burschen haben kannst, mien Alice. Alice hatte ihren Albert heiraten wollen und war auf die Argumente des Vaters, wie vernünftig auch immer, nicht eingegangen. Und Vadder Schuster kapitulierte vor dem Dickschädel seiner hübschen blonden Tochter, weil er insgeheim stolz darauf war. Vieles sprach ja damals tatsächlich gegen den jungen Albert Kührmann. Zwar hatte er von seinem früh verstorbenen Vater ein ordentliches Stück Land geerbt mit einigen anständigen Gebäuden darauf. Doch alles war in den letzten Jahren ziemlich vernachlässigt worden und heruntergekommen. Das Gut Joachimsthal, einst ein Schmuckstück unter all den landwirtschaftlichen Betrieben der Lüneburger Heide, befand sich im beklagenswerten Zustand der Auflösung.

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