Der junge Norden 16 – Arztroman
Legimi
Alex steht am Münchner Hauptbahnhof und wartet auf den Euromed aus Madrid, mit dem Julias Mutter nach München kommen soll. Sie will die schwangere Julia besuchen, um sicherzustellen, dass es ihrer Tochter und dem noch ungeborenen Baby gut geht. Während Alex ungeduldig auf die Anzeigetafel der Züge schaut, erinnert er sich an Julias Ankunft vor noch nicht einmal einem Jahr und lässt vor seinem geistigen Auge Revue passieren, was alles in den so ereignisreichen letzten Monaten passiert ist. Sein Schwelgen in Erinnerungen wird jedoch jäh unterbrochen, als am gegenüberliegenden Bahnsteig eine Frau bewusstlos neben ihrem Trolley und ihrer Reisetasche zusammenbricht. Alex eilt natürlich sofort herzu, leistet Erste Hilfe und verständigt den Rettungswagen. Einer der schwierigsten Fälle im bisherigen Leben des angehenden Mediziners hat seinen Anfang genommen. »Ich soll in der Notaufnahme aushelfen? Echt jetzt?« Stirnrunzelnd blickte Alex der Krankenschwester hinterher, die ihm, sozusagen im Vorbeilaufen, die Nachricht überbracht hatte. Er setzte ihr mit einem großen Schritt nach und zupfte sie am Ärmel ihres Schwesternkittels. »Meinen Sie das im Ernst, oder wollen Sie mich aufziehen? Ich denke, Praktikanten haben in der Notaufnahme nichts verloren?« »Du bist eine Ausnahme, weil du nicht nur Praktikant, sondern auch Sanitäter bist. Also mach dich auf die Socken. Die brauchen dort wirklich jede helfende Hand. Es hat eine Massenkarambolage gegeben. Auf der A9 irgendwo zwischen München und der Raststätte Pippinger Forst.« »Okay. Ich bring nur noch diese Tabletten hier, die ich gerade an die Patienten der Station verteilen wollte, zurück ins Dienstzimmer, und dann …« »Überlass die Medikamente mir. Ich kümmere mich darum. Und sieh endlich zu, dass du in die Gänge kommst.« Resolut griff die korpulente, schon etwas in die Jahre gekommene Krankenschwester nach dem Tablett, auf dem verschiedene mit Pillen in allen Farben und Formen gefüllte Plastikbecher standen, nahm es Alex aus der Hand und rauschte davon. Alex blieb noch einen Moment mit verdutztem Gesichtsausdruck stehen, dann machte er auf dem Absatz kehrt und rannte in Richtung Notaufnahme. Als er dort ankam, standen in der Tat bereits mehrere Notarztwagen da, aus denen Patienten auf Tragen in die Schockräume gebracht wurden. Alex sah eine junge Frau, die eine blutende Wunde am Arm hatte.
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