Der junge Norden 13 – Arztroman
Legimi
Alex steht am Münchner Hauptbahnhof und wartet auf den Euromed aus Madrid, mit dem Julias Mutter nach München kommen soll. Sie will die schwangere Julia besuchen, um sicherzustellen, dass es ihrer Tochter und dem noch ungeborenen Baby gut geht. Während Alex ungeduldig auf die Anzeigetafel der Züge schaut, erinnert er sich an Julias Ankunft vor noch nicht einmal einem Jahr und lässt vor seinem geistigen Auge Revue passieren, was alles in den so ereignisreichen letzten Monaten passiert ist. Sein Schwelgen in Erinnerungen wird jedoch jäh unterbrochen, als am gegenüberliegenden Bahnsteig eine Frau bewusstlos neben ihrem Trolley und ihrer Reisetasche zusammenbricht. Alex eilt natürlich sofort herzu, leistet Erste Hilfe und verständigt den Rettungswagen. Einer der schwierigsten Fälle im bisherigen Leben des angehenden Mediziners hat seinen Anfang genommen. Alex' Blick wanderte von der Anzeigentafel mit den An- und Abfahrtszeiten der Züge zur Bahnhofsuhr und wieder zurück: Bis zur Ankunft des Euromed aus Madrid, mit dem Julias Mutter ankommen sollte, blieben noch gut zwanzig Minuten. Zeit genug für einen Becher Kaffee, entschied Alex, und machte sich auf den Weg zum Kiosk. Menschen mit Reisetaschen und Koffern hasteten an ihm vorbei, die Luft schwirrte von den Geräuschen der ein- und ausfahrenden Züge, von durcheinanderredenden Stimmen und von den alles übertönenden Lautsprechern des Bahnhofspersonals. »Achtung, Achtung, eine Durchsage!«, vernahm Alex, während er seinen Kaffee bezahlte und das Wechselgeld in Empfang nahm. »Der Euromed aus Madrid, planmäßige Ankunft 13 Uhr 30, hat leider circa 15 Minuten Verspätung! Achtung, Achtung! Der Euromed aus Madrid, planmäßige Ankunft 13 Uhr 30 …« Während Alex den ersten Schluck aus seinem Kaffeebecher nahm und sich durch das Gewühle seinen Weg zurück zu Gleis 21 bahnte, wo der verspätete Zug mit Julias Mutter einfahren würde, kam ihm plötzlich Julias Ankunft in den Sinn. Vor noch nicht einmal einem Jahr hatte er hier an dieser Stelle Julia abgeholt. Und er hatte aus tiefstem Herzen gehofft, Julias Zug möge Verspätung haben, war er doch auf dem Weg zum Bahnhof in einen Unfall verwickelt worden – den Unfall, bei dem er Sina kennengelernt hatte. Unwillkürlich schüttelte Alex den Kopf. Er konnte es kaum fassen, wie viel in den wenigen Monaten, die seither verstrichen waren, geschehen war. Aus ihm und Sina war ein Paar geworden, er hatte das erste Semester seines Medizinstudiums erfolgreich hinter sich gebracht und nebenbei eine Ausbildung zum Rettungssanitäter absolviert, er hatte sein Praktikum an der Behnisch-Klinik begonnen und er war aus seinem Zimmer im Haus der Nordens ausgezogen, um nun in einer studentischen Wohngemeinschaft zu leben. Und Julia – seine »kleine« Cousine Julia - hatte geheiratet. Keinen Geringeren als Tonio Manolo, Sinas Bruder, den sie bei einer Party in der Villa von Sinas Eltern kennengelernt hatte. Die beiden hatten als Krönung ihrer jungen Liebe ein feudales Apartment in München bezogen und dann, nach ihrer Hochzeit, einen romantischen Honeymoon in Venedig verbracht. Das mit Abstand Schönste jedoch war, dass Julia inzwischen ein Baby erwartete. Der neue kleine Erdenbürger, der in Julia heranwuchs, war denn auch der Grund, warum Julias Mutter aus Spanien anreiste.
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