Wie die Sprache uns einwickelt
Legimi
Vor 600 Jahren beschloss das Konstanzer Konzil, Jan Hus sei als Häretiker hinzurichten. Er wurde vor den Toren der Stadt verbrannt. Hus hatte seinen göttlichen Auftrag aus der Bibel abgeleitet, dem Wort seines Herrn. Ebenso wie hundert Jahre später Martin Luther, dessen Ketzerdasein jedoch mit einem natürlichen Tod endete. Gottes widerspruchsvoll offenbartes Bibelwort hat weder die Kirchenoberen zum Dienst am Nächsten erzogen, noch in den Hussitenkriegen der Feindesliebe ein Zeichen gesetzt, noch Luther den Aufruf, den Juden die Synagogen anzuzünden, verboten. Ein heutiger Philosoph, der sich zwar nicht mehr als Knecht der Theologie fühlen mag, rührt trotzdem mit überkommenen Denkwerkzeugen im wortreichen Gedankenbrei seiner Kollegen, um ihnen später ein eigenes doktrinäres Gebäude entgegenzusetzen. Die Autorität Gottes wird vom Einen durch die Logik ersetzt. Der Andere hat sich - zurück zu den Wurzeln! - für seinen öffentlichen Auftritt eine eigene Kasperlepuppe des heiligen Sokrates gebastelt. Und feinsinnige Sprachanalytiker können immer noch keine überzeugenden Ergebnisse vorweisen. Da ist es doch eine verlockende Aufgabe, in landläufiger Sprache über Sprache zu sprechen!
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