Geisterstunde in Sanssouci
Legimi
Wer wenigstens ein bisschen von Friedrich dem Großen weiß, der weiß auch, dass der schon als Kronprinz die Kunst des Flötenspiels erlernt und nicht einmal so übel ausgeübt hat. Wer also diesen königlichen Flötenspieler vor Augen hat, der sieht ihn sehr wahrscheinlich mit den Augen des Malers Adolph Menzel, der kleinen Exzellenz, der dieses berühmte Ölgemälde „Flötenkonzert Friedrichs des Großen in Sanssouci“ in den Jahren 1850 bis 1852 gemalt hat – als Auftragsarbeit: Eines Vormittags kommt Besuch zu Menzel, ein Herr in Zylinder und dunkelgrauem Frack, mit wichtiger Miene und einer großen Tasche. Menzel fragt erst ganz genau, was er ist und was er möchte, und auch dann lässt er ihn nicht gern eintreten, denn vormittags möchte er nicht gestört werden, und der Besucher gefällt ihm nicht. Und der Auftrag, den sein Gast umständlich erklärt, gefällt ihm zuerst auch nicht. Ein Bild mit dem Schloss Sanssouci soll er malen. Der Herr im Zylinder will es dem König schenken, er habe allen Grund, sich dem König gegenüber dankbar zu erweisen, versichert er immer wieder. „Sie haben sich viel mit der alten Zeit beschäftigt, Herr Menzel. Sie sind der richtige Mann für mich.“ „So, meinen Sie?“, knurrt Menzel. „Ich habe gehört, dass unser König die alte Friedrich- und Sanssoucizeit nicht gerade liebt. Wird ihm da ein Sanssouci-Bild gefallen?“ „Warum nicht? Es kommt nur darauf an, wie es gemacht ist. Malen Sie die Landschaft, die Architektur, den Reichtum. Sie sollen das Palais des Prinzen Albrecht gemalt haben. Darf ich das Bild einmal sehen?“ Menzel holt es aus seinem Regal und kommt mit umwölkter Miene zurück, denn sein Blick hat wieder einmal das Bild mit der Aufbahrung der Märzgefallenen gestreift. Und nun ein Bild für den König? „Ein großartiges Bild“, schwärmt der Besucher. „Wenn Sie das Schloss Sanssouci vielleicht in dieser Art malen könnten?“ „So mit Wolken und Bäumen, meinen Sie? Und mit viel Stimmung?“ „Ja.“ Der Mann nickt. „So habe ich es mir gedacht.“ So beginnt eine der vielen Geschichten, in denen die Autorin anhand von Bildern aus dem Leben des Künstlers erzählt. Das fertige Bild wird übrigens ganz anders aussehen als es dem Aufraggeber vorschwebte. Auch dem König gefiel es nicht: Menzel erfährt nichts von dieser Meinung des Königs über sein Bild. Sie wäre ihm auch ganz egal. Er hat seinen Spaß beim Malen gehabt, alles andere kümmert ihn nicht. Das Original ist übrigens in Berlin zu besichtigen – in der Alten Nationalgalerie.
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