Fürstenkrone Classic 40 – Adelsroman

Fürstenkrone Classic 40 – Adelsroman

Legimi

Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit. Manchmal, wenn ich allein bin, denke ich an jene Nacht in Ahrgau zurück. Ich sehe wieder das schwarzweiße Muster der Fliesen in der Halle, durch die ich schlich, ich höre das Knarren eines Fensterflügels, seltsam eintönig, melodisch, ähnlich dem Klang der Windharfe, und ich fühle mein Herz schlagen, dumpf und hart. Und dann blickte ich wieder in Tatjanas Augen, die dunkel und glänzend und tief in den Höhlen liegen, die schönsten Augen, die ich jemals sah, und ich sehe die nackte Angst in ihrem Blick. Angst wovor? Es sollte einen ganzen Sommer lang dauern, bis mir diese Frage beantwortet und dieses Rätsel gelöst wurde. Einen Sommer, der atemberaubend schön hätte sein können, ja, sein müssen, wenn nicht diese Augen gewesen wären und diese Angst und ein paar andere merkwürdige, unerklärliche Dinge, mit denen ich nicht gerechnet hatte, als ich die Einladung nach Schloß Ahrgau annahm. "Tatjana", flüsterte ich in jener Nacht und schob mich so nah an sie heran, daß ich den schwachen Duft ihres herben Parfüms atmen konnte, "wovor fürchten Sie sich denn? Das Schloß ist voll von Personal. Ihr eigener Mann schläft ruhig in seinem Bett, und Sie geistern durchs Treppenhaus auf der Suche… ja, auf der Suche nach was?" Der Ausdruck ihrer schönen Augen änderte sich nicht. Sie lächelte ein vages, fernes Lächeln, und ich sah zum erstenmal einen Abglanz der Schwermut auf ihrem schmalen Gesicht, die es später zeichnen sollte wie eine fremde Maske. "Das frage ich mich auch", erwiderte sie leise, halb scherzhaft, halb vieldeutig. "Ich frage mich schon lange, wonach ich überhaupt im Leben je gesucht habe." Die Antwort befriedigte mich nicht im geringsten. Ich war sechsundzwanzig Jahre alt, und abgesehen von einer Schwärmerei für den Schloßherrn, dessen Gast ich in diesem Sommer war und die längst der Vergangenheit und Jugendzeit angehörte, fühlte ich mich als durchaus realistisches Mädchen. Auf eine klare Frage erwartete ich eine klare Antwort. Tatjana war mir diese Antwort schuldig geblieben, und das verübelte ich ihr ein bißchen. Gerade wollte ich sie die breite geschwungene Treppe wieder hinaufführen, als das ferne eintönige Singen der Windharfe wieder erklang, und diesmal gefror mir das Blut in den Adern.

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