Fürstenkrone 156 – Adelsroman

Fürstenkrone 156 – Adelsroman

Legimi

Romane aus dem Hochadel, die die Herzen der Leserinnen höherschlagen lassen. Wer möchte nicht wissen, welche geheimen Wünsche die Adelswelt bewegen? Die Leserschaft ist fasziniert und genießt "diese" Wirklichkeit. Felseneck trug seinen Namen zu Recht. Am Rande eines steil abfallenden Felsens erbaut, glich es mit seinen vielen Türmen und Zinnen mehr einer alten Trutzburg als einem Schloss. Ein gewundener Weg, gerade noch befahrbar, führte an der anderen Seite des Berges durch dichten Felseneckschen Mischwald zum Schloss hinauf. Ließ man die Bäume dann endlich hinter sich, so sah man sich einer abweisenden Mauer aus dicken Quadern gegenüber. Das Spitzbogentor darin aus eisenhartem Eichenholz war gewöhnlich fest verschlossen und gewährte nur selten einem Fremden den Zutritt. Innerhalb der festen Mauern indes befand sich ein lieblicher Park. Uralte Kastanienbäume und gewaltige Blutbuchen, deren Zweige bis tief auf den Boden reichten, standen in großen Abständen auf sattgrünem Rasen. Rosen und bunte Sommerblumen blühten auf den vielen Rabatten. An den Schlosswänden kletterten Efeu, blaue Glyzinien und wilde Kletterrosen in allen Farbschattierungen empor. Rosenumrankt war auch der alte Zugbrunnen in der Nähe der breiten Eingangstür. Die Bewohner des Schlosses zeigten sich selten in den Dörfern und kleinen Städten drunten, und so war es kein Wunder, dass viel Sonderbares über das Schloss und seine Besitzer geredet wurde. Spukgeschichten wurden in der Dämmerung in Stuben und Kammern erzählt, und so mancher berichtete allen Ernstes, hier und da einen seltsam fahl leuchtenden Lichtschein auf den Zinnen gesehen zu haben, während andere von ganz und gar unirdischem, grässlichem Geheul zur Geisterstunde in Vollmondnächten zu berichten wussten. Wer immer an der Schlossmauer aus diesen oder jenen Gründen vorübergehen musste, der schlug hastig ein Kreuz, betete ein Vaterunser und beeilte sich, den unheimlichen Wald zu verlassen. Im Schloss droben hatte man von alledem keine Ahnung. Dort gingen die Tage gleichmäßig dahin und gleichmäßig waren auch die Sorgen, mit denen die Besitzer sich zu plagen hatten. Viel Geld kostete die Erhaltung des alten Besitzes, und so hatten nach und nach die meisten Nutzflächen verkauft werden müssen. Besser war es dadurch nicht geworden, fehlte es jetzt doch auch an dem Geld, das die Ernten von jenen nun verkauften Feldern eingebracht hätten. An diesem schönen Sonntag im Mai war es noch stiller im Schloss als gewöhnlich. Die beiden letzten Bediensteten aus einer ehemals großen Schar gingen bedrückt auf Zehenspitzen umher. Eine Totenruhe lag über dem Schloss.

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