Die Weinreisen des Dionysos
Legimi
Was hier erzählt wird, ist sowohl mythisch als auch romanhaft. Fast alle Abenteuer des Weinbringers Dionysos, den die Römer nach seinem anderen griechischen Namen Bakchos auch Bacchus nannten, sind so oder ähnlich in antiken Dichtungen überliefert worden, sagt der Autor gleich zu Beginn. Und damit beginnen zugleich die Schwierigkeiten: Die verstreuten, zersplitterten, bruchstückhaften, einander oft widersprechenden Quellen auszuwählen, das Überlieferte in den Ablauf einer Fabel zu bringen, von einer Lebensstation zur anderen überzuleiten, die Details der Handlung auszugestalten – das hat allerdings schon etwas Romanhaftes. Das kann nicht anders sein, weil Dionysos, bevor er ein Gott wird, ein irdisches Schicksal lebt, das Schicksal eines Sterblichen. Gegen das Ende hin, vor dem Märtyrium und der Vergöttlichung des Dionysos, überwiegt, weil die Quellen einander darüber heillos widersprechen, ein dem freien Erfinden nahes Jonglieren mit Überliefertem. Von seinem mythischen Schicksal weicht das Erzählen dennoch nirgends ab. Die spannende Handlung beginnt in Theben, der Stadt des Königs Kadmos, wo Semele, die Königstochter, mit einem zweirädriges Gespann durch eines der sieben Stadttore hinausrollt. Auf der Rückfahrt trifft sie einen Fremden, der ihr besser gefällt als anderen Männer Thebens. Und er stellt ihr eine entscheidende Frage: „Du bist so schön und so klug! Wie finden deine Eltern für dich einen würdigen Mann?“ Wer aber war dieser Fremde, der mit einer Nachricht für König Kadmos gekommen war, und gastfreundlich aufgenommen wurde? Als er behauptet, Zeus selber zu sein, soll ihn Semele auf die Probe stellen. „Das reicht nicht!“, krächzte die Alte. „Verlange ihn in seiner wahren Gestalt zu sehen!“ Wieder entwand sich Semele, als nachts ihr Geliebter sich zu ihr legte, spröde den zärtlich verlangenden Armen. „Geliebter!“, sagte sie. „Erfülle mir einen Wunsch.“ „Welchen du nennst“, schmeichelte er und beugte sich über sie. „Hat er nicht Zeit?“ „Ich verlange nicht viel. Es wird deine Lust nicht schmälern. Wirst du es tun? Antworte!“ „Dazu muss ich deinen Wunsch erst kennen.“ „Sonst will ich dir nie mehr gehören und deinen Sohn nicht gebären!“ „Was wünschst du also?“ „Bist du Zeus, der Vater der Götter und Menschen? Zeige dich in deiner wahren Gestalt.“ Was wird geschehen? Eine sprachmächtige, gewaltige Saga von Göttern und Menschen und von einem sterblichen Unsterblichen, der der Menschheit ein köstliches Geschenk macht.
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