Trauergesellschaft
Legimi
Wenn eine Idee zur Staatsdoktrin erstarrt und alles ausgrenzt und bekämpft, was ihr nicht dient, gerät sie früher oder später in eine Krise und kehrt sich gegen sich selbst. Im Herbst 1989 setzt ein Volk seine Regierung gewaltlos ab. Noch nie gab es in der deutschen Geschichte einen derartigen Vorgang. Dieses Buch, sieben Jahre davor geschrieben und von Verlagen der DDR aus politischen Gründen abgelehnt, berichtet mit tragikomischen, dokumentären und fantastischen Mitteln von den Ursachen, die das Volk auf die Straße brachten. Josef der Zimmermann ist einer aus der jungen Generation, der an den Lügen der traurigen Gesellschaft zu zerbrechen meint. Gezwungen von seiner polnischen Freundin Zofia, kommt Josef der wahren Geschichte seines ertrunkenen Vaters, die verwoben ist mit der Geschichte des polnischen und des jüdischen Volkes, auf den Grund. Darüber vergehen dem Josef drei Leben, die er die Zeit der Finsternis, die Zeit der Zweifel und die Zeit der Heiterkeit nennt. Der Junge erkennt, dass sein Vater schon zum Untergang, zum Abtreten verurteilt war, als er nach seiner Heimkehr aus den Lagern und der polnischen Gefangenschaft Wahrheit zu verschweigen begann. Dass nach der schändlichen Leidenschaft für die Schwester Siglinde, nach dem Zusammenstoß mit der Staatslimousine, nach den Schikanen beim Militär, nach der Liebe zur Frau eines Solidarnosc-Führers, nach dem Leben mit dem auferstandenen Vater und mit dem rachsüchtigen Szymon, der nicht sterben kann, aus Josef dem Narren kein Weiser wird, ist der Wahrhaftigkeit dieses parabelhaften Romans geschuldet. Das Buch durfte erst acht Jahre nach seiner Vollendung 1990 im Mitteldeutschen Verlag erscheinen. Der Vereinigung der beiden deutschen Staaten ist daran ein gewisser Anteil nicht abzusprechen. Das Erscheinen des Romans ging jedoch in den Vereinigungswirren unter.
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