Fenster nach Sarajevo und Magdeburg
Legimi
Lebensgeschichten von Frauen im 20. und 21. Jahrhundert in Zusammenhang mit Krieg, Flucht, Exil... spielen eine Rolle in diesem Buch. Es werden Frauen- und Männerstimmen aus Sarajevo eingefangen, der Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina, und aus Magdeburg, der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts. Diese beiden Städte sind seit dem 29. September 1977 Partnerstädte. Anlässlich dieses Jubiläums hat die Autorin Cornelia Marks Frauen in Sarajevo und Magdeburg interviewt und erstaunliche Brücken entdeckt, und vielleicht auch ein paar neu erbaut. Die intensiven Gespräche ergaben, dass es Verbindungen zwischen einigen Menschen von dort und hier gibt. Einige hatten sich, als bosnische Flüchtlinge zu uns kamen, in Sachsen-Anhalt kennengelernt, angefreundet, und deren Freundschaft und Verbundenheit hält bis heute an. Andere Freundschaften existieren seit über fünfzehn Jahren zwischen Schrifsteller*innen aus Bosnien und Herzegowina und Sachsen-Anhalt. Sie sind noch immer lebendig und leuchten im vorliegenden Buch in Texten und Bildern auf. Mehrere Gedichte und ein Essay von drei der bedeutendsten Lyriker*innen aus Bosnien und Herzegowina, Adisa Bašić, Mile Stojić und Faruk Šehić, erzählen von diesen schönen, kreativen Beziehungen. Dazu gibt es Fotos zu sehen, die Sarajevo zeigen und auch manche Erzählungen und Lebensberichte veranschaulichen. C. Marks hat außerdem die Gleichstellungsbeauftragte der Landeshauptstadt Magdeburg, Heike Ponitka, und zwei bei der Stadt Magdeburg angestellte Mitarbeiterinnen interviewt, die interessante Dinge zu erzählen wissen. Unter anderem berichten sie von etlichen Aktionen in Bezug auf 45 Jahre Städtepartnerschaft mit Sarajevo. Sarajevo war im damaligen Bosnienkrieg von April 1992 bis zum Februar 1996 von serbischen Angreifern belagert, es war eine schreckliche Tragödie. Während dieser Zeit wurden Schätzungen zufolge etwa 11.000 Menschen, darunter 1.600 Kinder, getötet und 56.000 verletzt, zum Teil schwer. Und Magdeburg war in seiner ganz anders gearteten Geschichte vielleicht in gewisser Weise trotzdem auch eine verwundete Stadt, obwohl Vergleiche unmöglich sind. Magdeburg ist zwei Mal fast völlig in Flammen aufgegangen - im Dreißigjährigen Krieg und 1945, als der von Nazideutschland angezettelte Krieg mit den alliierten Bombern quasi zurückkam und viele deutsche Städte in Schutt und Asche legte, so auch Magdeburg. Dieses Buch stellt ein Stück Zeitgeschichte dar. Es beleuchtet vor allem das 20. Jahrhundert, doch auch den Beginn des einundzwanzigsten. Es ist ein Buch gegen Krieg - gegen alle Kriege – und besonders den Frauen und Kindern gewidmet, die meist die Hauptleidtragenden in einem solchen Konflikt sind. Leider ist all das gerade in der Ukraine wieder traurige Realität. Wer hätte erwartet, dass ein solch brutaler neuer Krieg noch einmal möglich wäre, mitten in Europa? Insofern lässt sich das, wovon mehrere Frauen im vorliegenden Buch erzählen, von ihrem Kriegstrauma, z.B. wenn Adisa Bašić aus Sarajevo über ihre Teenager-Zeit im belagerten, von Granaten zerstörten Sarajevo dichtet - auf die Ukraine und auf alle anderen heutigen Kriegsgebiete übertragen. Denn die Erfahrungen, das Leid der Zivilbevölkerung, insbesondere der Frauen und Kinder, wiederholen sich. Es ist in allen Kriegen das Gleiche: Da gibt es keine Gewinner, sondern nur Verlierer... Eine 94jährige Magdeburger Zeitzeugin erzählt vom Zweiten Weltkrieg und danach, und sie schildert auch beeindruckend die schlimmste Bombennacht 1945, die für sie ein Trauma war. Sie berichtet von ihrem Vater, der im Zweiten Weltkrieg in der Fabrik, in der er arbeitete, mutig Zwangsarbeitern half und deshalb von der Gestapo gefangen genommen, verhört, gefoltert und umgebracht wurde.
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